Duisburger Konsens – Eine Klarstellung

In der Pressemeldung [1] vom 17. Juni haben sich die Duisburger PIRATEN dazu ausgesprochen, die Erklärung „Duisburger Konsens gegen Rechts: Wir alle sind Duisburg!“ in der verabschiedeten Form nicht mitzutragen. Neben Zuspruch erntet diese Meldung auch viel Kritik und Unverständnis. Möglicherweise sind die Beweggründe der PIRATEN im Text missverständlich formuliert.

Daher zunächst die folgende Klarstellung:

  • Die Duisburger PIRATEN lehnen die politischen Inhalte und Ziele der rechten Parteien im Duisburger Stadtrat ab.
  • Die Duisburger PIRATEN lehnen eine politische Zusammenarbeit mit den rechten Parteien im Duisburger Stadtrat ab.
  • Die Pressemeldung der Duisburger PIRATEN stellt keine irgendwie geartete Aufforderung für andere Fraktionen oder Ratsmitglieder dar, mit den rechten Parteien im Duisburger Stadtrat zu kooperieren oder ihre rechte politische Agitation einfach hinzunehmen.
  • Die Duisburger PIRATEN begrüßen grundsätzlich die Intention des Stadtrates, in den eigenen Reihen gegen rechte Politik und Propaganda vorzugehen. Den im Duisburger Konsens beschworenen Weg halten wir PIRATEN jedoch für falsch.

Begründung
Bereits in mehreren anderen Städten wird nach dem Einzug rechter Vertreter in Stadträten oder Parlamenten ein Konsens-Modell wie in Duisburg angewendet. Es heißt dann unisono, das Modell ist erfolgreich, die rechten Vertreter sind „abgemeldet“ und hätten „nichts mehr zu sagen“. Der Lösungsweg dort wie in Duisburg lautet: Ausgrenzen und Ignorieren

Für die Arbeit eines Stadtrates mag das ganz gut funktionieren. Zumindest bis zur nächsten Wahl. Vor den Toren eines Rathauses wird damit jedoch kein einziges Problem gelöst. Die steigende Anzahl solcher Konsens-Lösungen zeigt doch bereits das Grundproblem auf. Immer mehr Menschen, nicht nur in Duisburg, fühlen sich durch die Propaganda rechter Parteien angesprochen – warum auch immer. Dieser Trend ist längst auch in anderen Teilen Europas mehr als deutlich zu spüren.

Wenn sich nun der Duisburger Stadtrat in seinem Konsens dafür ausspricht, die rechten Vertreter auszugrenzen, ihren Aktionen in den Gremien keine Bühne zu bieten und sogar die Medien dazu mit einspannen will, begibt er sich auf einen gefährlichen Weg.

Unsere Stadt beherbergt das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) [2]. Dieses Institut befasst sich seit Jahren mit rechter Propaganda und Rhetorik. Am 29. April, auf einer öffentlichen Veranstaltung im Rathaus, sprach ein Mitarbeiter des Instituts einen interessanten Fakt aus. Das Ruhrgebiet sei bisher für die rechten Parteien durch die fehlende Akzeptanz  in der Bevölkerung immer ein schwieriger Boden gewesen. Trotzdem warnte er eindringlich davor, deren Propagandaarbeit zu ignorieren oder zu verharmlosen.

Das nun ausgerechnet in Duisburg bei der Kommunalwahl ein derartiger Rechtsruck eingetreten ist, muss die politisch Verantwortlichen in dieser Stadt geradezu alarmieren. In Teilen der Duisburger Bevölkerung hat die Wahrnehmung der lokalen Politik einen fundamentalen Wechsel erfahren.

Es ist schwer zu glauben, dass die Wähler der rechten Parteien plötzlich zu strammen Neo-Nazis konvertiert sind. Dafür sind die Menschen in Duisburg zu bodenständig und zu kritisch. Mit ihrer Wahlentscheidung signalisieren sie jedoch ihren Wunsch nach Veränderungen. Veränderungen, die sie von den anderen Parteien nicht oder nicht mehr erwarten. Wohl auch nicht von den Duisburger PIRATEN, das müssen wir uns eingestehen.

Dieses Votum der Wähler im Stadtrat zu ignorieren und auszugrenzen, kann sich eines Tages bitter rächen. Nach Ansicht der Duisburger PIRATEN kann der einzig richtige Schritt nur sein, wenn sich der Stadtrat den Argumenten der rechten Parteien entgegenstellt. Mit fundierten Gegenargumenten. Mit dem Enttarnen der hohlen rechten Rhetorik und der zum Teil menschenverachtenden Agenda. Mit einer Politik, welche die Sorgen und Nöte der Duisburger Bevölkerung versteht und Lösungen anbietet. Eine Duisburger Politik, die für und mit den Menschen gestaltet wird. Eine Politik, welche die Menschen in dieser Stadt ernst nimmt und ihnen eine lebenswerte Zukunft bietet.

Darum noch einmal: Die Duisburger PIRATEN begrüßen grundsätzlich die Intention des Stadtrates, in den eigenen Reihen gegen rechte Politik und Propaganda vorzugehen. Den im Duisburger Konsens beschworenen Weg halten wir PIRATEN jedoch für falsch.

Unser Weg ist es, durch eine antirassistische, diskriminierungsfreie Integrations- und Bürgerpolitik mit allen uns zur Verfügung stehenden demokratischen Mitteln den rechten Parteien den Nährboden zu entziehen und den braunen Sumpf im Stadtrat Duisburg trockenzulegen. Das ist nicht nur Konsens, sondern eine klare Kampfansage gegen Rechts.

Nachtrag
Einige Kommentare weisen darauf hin, dass Britta Söntgerath, die Ratsfrau der Duisburger PIRATEN, dem Konsens in der Ratssitzung am 16. Juni zugestimmt hat. Dies löst wohl einige Irritationen aus. Zu den Grundsätzen der PIRATEN gehört es, die persönliche politische Meinung jedes einzelnen PIRATEN zu achten und nicht zu unterdrücken. Dies gilt selbstverständlich auch für Mandatsträger in Räten oder Parlamenten. Britta Söntgerath hat sich aufgrund ihrer persönlichen Überzeugung für die Annahme des Konsens-Papiers entschieden. Das müssen und werden wir akzeptieren. Sie wird weiterhin jede mögliche Unterstützung von der Duisburger PIRATEN-Basis erhalten.

Britta Söntgerath hat die Pressemeldung vor der Veröffentlichung gelesen und hätte sie entsprechend begründet auch stoppen können. Sie wurde von der Meldung also nicht überrumpelt, wie von einigen Kritikern vermutet wird.

Wer zu diesem Thema noch weiteren Gesprächsbedarf hat, ist hiermit herzlich eingeladen, einen unserer Stammtische zu besuchen oder an der nächsten Mumble-Sitzung des Vorstandes teilzunehmen. Die Termine sind im Kalender hinterlegt.

 

[1] PM: Duisburger Konsens – Wunsch und Realität

[2] Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung

10 Kommentare

  1. 1

    Moin!

    Warum wird diese „Klarstellung“, nach all dem Wirbel, der sogar zu einer offiziellen Distanzierung der Jungen Piraten vom KV Duisburg geführt hat, entgegen der hier

    http://www.piratenpartei-duisburg.de/duisburger-konsens-wunsch-und-realitaet/#comments

    von Siegfried angekündigten klärenden PM nun einzig auf dem Blog veröffentlicht, und nicht über denselben Presseverteiler, über den die erste unsägliche PM lief?

    Wer entschied das?

    Das ist das Gegenteil von transparentem Verhalten, dem wir uns als Piraten
    verschrieben haben; und es demontiert Britta als Ratsmitglied noch weiter.

    Es ist erkennbar, dass nennenswerte Teile der (verbliebenen) Basis nicht mit der im Namen der Duisburger Piraten vom Vorstand veröffentlichten Meinung übereinstimmen.

    Ich möchte deshalb darum bitten, dass in einer so grundsätzlichen Frage, in der schon Teile des Duisburger Vorstandes nicht mit der Haltung unserer Mandatsträgerin übereinstimmen, keine weitere öffentliche Positionierung „top-down“ erfolgt.

    Stattdessen sollte auf der nächsten KMV erst einmal dieses Desaster aufgearbeitet werden.

    Wir forderten bei der letzten Wahl:
    Die Bürger wollen ihre Stadt zurück!

    Ich sage Euch was:
    Die Basis will ihre Partei zurück!

    @Britta: Kudos

  2. 2

    Hallo Pottpiraten,
    also ich kann eure Einstellung nicht nachvollziehen.

    1. Richtig auch die rechten Parteien ( um welche handelt es sich eigentlich) wurden gewählt. Das ist aber kein Grund ihnen zusätzliche Werbeflächen zu verschaffen.

    2. Eure Reduktion des „Wir“ auf den Stadtrat ist etwas naiv und kindisch. Hier hätte ich von Piraten erwartet nicht nur zu kritisieren sondern einen konstruktiven Gegenvorschlag zu unterbreiten. Sich hier lediglich als Beobachter von Verhältnissen zu begreifen, die einen selbst nicht tangieren, ist politisch falsch.

    3. Auch eure Kritik an den Aufruf an Presse und Medien ist recht Fadenscheinig. Die Presse zu bitten in der Berichterstattung etwas zurückhaltend zu sein und nicht mit den Rechten ein Fass auf zu machen ist m.E. nicht gleich als Zenzuraufruf zu werten.

    Also eure Kritik ist m.E. komplett überzogen und macht sich sogar, da es ihr an jeder kritischen Äußerung zum „Rechtsdrift“ mangelt und konkrete Vorschläge dazu, was gegen die Rechtsentwicklung zu tun wäre ,gänzlich fehlen, mit den rechten Gruppierungen gemein.

    Für mich seid ihr komplett auf dem falschen Dampfer

    Schokolade

  3. 3
    Dirk Küsters

    Diese Erklärung ist keine Stellungnahme der Duisburger PIRATEN! Auch noch das DISS als Kronzeuge für den Quatsch zu instrumentalisieren ist das Allerletzte!

  4. 4

    Hallo Pottpiraten,
    hier noch ein Nachtrag.

    Ihr schreibt:
    [i]“Es ist schwer zu glauben, dass die Wähler der rechten Parteien plötzlich zu strammen Neo-Nazis konvertiert sind. Dafür sind die Menschen in Duisburg zu bodenständig und zu kritisch. Mit ihrer Wahlentscheidung signalisieren sie jedoch ihren Wunsch nach Veränderungen. Veränderungen, die sie von den anderen Parteien nicht oder nicht mehr erwarten“[/i]

    „Veränderung“ zu wollen ist weder Handlungsanweisung noch politische Agenda. Sich auf „Veränderungswunsch“ einzulassen ohne konkret zu hinterfragen, was geändert werden soll und wie es geändert werden soll ist Unfug. Das ist das Dilemma eurer Kritik.

    Für den Rechtsruck, der sich auch in anderen Eu-Ländern zeigt, ist m.E. die Auflösung des nationalstaatlich organisierten Europas die Ursache.
    siehe z.B. hier
    https://news.piratenpartei.de/showthread.php?tid=444937&pid=2145065#pid2145065

    Schokolade

  5. 5
    Armin Wittrin

    Tach Michael

    Das Presseteam hat entschieden mangels Anteilnahme der Presse, die Klarstellung (die nur aus Piratenkreisen mehr oder weniger freundlich gefordert wurde) hier auf dem Blog zu veröffentlichen. Von hier aus kann man das bequem in die Netzwerke verlinken.

    Und ich verantworte das.

    Anregungen und Kritik wie immer an: duisburg@piratenpartei-nrw.de

    Ich hatte dir persönlich im Laufe der letzten 2 Jahre mehrfach angeboten, Rückfragen an mich zu richten. (Unter der PM steht meine Telefonnummer, wenn du sie verloren haben solltest…)
    Dies hast du bis zum heutigen Tage nicht in Anspruch genommen.

    Erwartet hätte ich die Frage, warum die Medien nicht im Mindesten auf unsere Kritik eingegangen sind. Interessiert aber keinen, oder?

    Gruß aus DU
    Armin

  6. 6
  7. 7

    Wen interessiert denn, dass Teile Piraten rechtsoffen sind bzw. mangelnde Distanz zu Nazis aufweisen? Das hat schlicht keinen Berichtenswert. Warum auch?

  8. 8

    […] Blog der Duisburger Piratenpartei veröffentlichte am 19.6.2014 den Beitrag „Duisburger Konsens – Eine Klarstellung“, in dem sie ihre Ablehnung der Erklärung des Duisburger Stadtrats „Duisburger Konsens gegen […]

  9. 9

    Diskurspiraten bei den Duisburger Piraten?

    Das Blog der Duisburger Piratenpartei veröffentlichte am 19.6.2014 den Beitrag „Duisburger Konsens – Eine Klarstellung“, in dem sie ihre Ablehnung der Erklärung des Duisburger Stadtrats „Duisburger Konsens gegen Rechts: Wir alle sind Duisburg!“ noch einmal zu begründen versucht.

    Der Blogbeitrag beruft sich dabei auf einen Vortrag, den ich am 28.4.2014 bei einer Veranstaltung des Landesintegrationsrats im Ratssaal gehalten habe. Inhalt und Intention meines Vortrages stützen aber in keiner Weise die vom Pressesprecher der Duisburger Piratenpartei vertretene Position.

    Nicht die Duisburgerinnen und Duisburger aus Rumänien und Bulgarien sind in Duisburg das „Problem“, sondern der Rassismus in beträchtlichen Teilen der Bevölkerung. Ich plädierte dafür, diesem Rassismus offensiv entgegenzuwirken, statt ihn weiter zu verharmlosen. Die Presseerklärung der Duisburger Piraten scheint mir eher in die Richtung zu gehen, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen und zu verschlimmern.

    Der „Duisburger Konsens gegen Rechts“ ist m.E. ein begrüßenswerter erster kleiner Schritt in die richtige Richtung. Es wäre gut, wenn er nicht nur ein Lippenbekenntnis bleibt.

    Zur Erinnerung und Klarstellung hier die Schlusspassage aus meinem Vortrag vom 28.4.

    „Abschließend ein paar Worte zum Thema Gegenstrategien

    Die Duisburger Stadtverwaltung trat einmal mit dem sehr begrüßenswerten Anspruch an, Integration zu fördern, statt zu diskriminieren und Verdrängung zu praktizieren. Leider ist sind diesen Worten bisher nur wenig Taten gefolgt. Man sollte die Verantwortlichen immer wieder an ihr Versprechen erinnern.

    Der Protest gegen Rechts allein greift zu kurz. Es muss auch dem Rassismus und Antiziganismus innerhalb von großen Teilen der Duisburger Bevölkerung entgegengewirkt werden.

    Die Empathie mit den Neubürgern muss gefördert werden. Die vielen Duisburger Bürger, die in diesem Bereich bereits in Eigeninitiative tätig sind, benötigen dringend moralische und finanzielle Unterstützung.

    Langfristiges Ziel sollte es sein, Duisburg zu einer gelungenen Ankunftsstadt zu machen. Davon hätten alle Bewohner dieser Stadt etwas. Und Duisburg könnte endlich einmal ein Vorbild für andere Städte werden.“

    P.S.:

    Vergl. auch die Distanzierung der Jungen Piraten NRW von der Duisburger Presseerklärung

    und die Twitter-Meldung von Britta Söntgerath, der Ratsfrau der Piraten:

    “Britta Söntgerath @Kapetanio 17. Juni
    @twena ja deshalb habe ich auch zugestimmt, wie auch meine Fraktion + alle anderen, außer: AfD, proNRW und NPD. Jetzt weiß man wo AfD steht”

  10. 10

    […] Solidarisierung. Und auch bei der Duisburger Erfklärung11 einschließlich einer Klarstellung12 gibt es Meinungsverschiedenheiten in der Methodik im Kampf gegen Nationalisten. Im Speziellen ist […]

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